„Wie Du grüßest, so dankt man Dir.“

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“Wie Du grüßest, so dankt man Dir.”

Ich bin auf dem Dorf groß geworden. Wenn ich zum Metzger gehen durfte, lautete die Aufgabe „Gehe bitte zu Herrn Kopp und kaufe …“. Die Friseurmeisterin hieß Gabi und die besten Dampfnudeln gab es bei Frau Kauffmann. Auch den Postboten kannte jeder mit Vor- und Nachnamen. Wenn wir italienisch essen gingen, war das Ziel „Giuseppe“ – und nicht „Ristorante Napoli“. Milch und Eier gab es bei Frau Schmidt. Herr Günther war „der Banker“ von der Sparkasse. Manfred war „unser“ Automechaniker.

Täglich begegnen wir den selben, uns unbekannten Menschen, aber uns bekannten Gesichtern, immer wieder. Viele leisten an uns ihren Dienst – sei es durch Service oder Beratung:
Die Kassiererin im Supermarkt oder an der Tankstelle, der Barista im Café um die Ecke, die Helferin in der Zahnarztpraxis, der Apotheker, die geduldige Schuhverkäuferin, der Pizzalieferant, die Kellnerin und die vielen anderen.

Dennoch kennen wir nur selten ihre Namen. Und das, obwohl ein Großteil von ihnen ein Namensschild trägt.

In meiner Kindheit hat es einen deutlichen Unterschied gemacht, ob ich jemanden mit seinem Namen angesprochen habe – oder nicht: Hier eine Scheibe Wurst auf die Hand, dort eine Brezel und ab und an ein Bonbon. Einfach so.

Ich wurde, wie wir alle, dazu erzogen, meine Mitmenschen zu grüßen und freundlich zu sein. Um daraus Profit zu schlagen? Nein und Ja. Es geht in erster Linie um Freundlichkeit und Respekt. Aber auch, um meine eigenen Erwartungen. Denn, nur wer freundlich ist und ein ehrliches nettes Wort hat, kann erwarten, selbst auch entsprechend behandelt zu werden. Eine der Lehren, für die ich meinen Eltern im Nachhinein dankbar bin. Es ist ein Geben und Nehmen. Dass es gelegentlich einen essbaren „Bonus“ gab, war Motivation, weiter freundlich zu sein, und ein kleine Anerkennung des Gegenüber.

Was habe ich heute davon, Frau Mayer einen schönen Feierabend zu wünschen, mich bei Frau Schulz zu bedanken und Herrn Müller mit seinem Namen zu verabschieden? Was ist der „Bonus“ heute? Eine ganze Menge Spaß und viele schöne kurze Momente. Und die Chance, beim nächsten Besuch höchstwahrscheinlich wiedererkannt und positiv empfangen zu werden.

Heute würde ich die Wurstscheibe sicher auch noch gerne nehmen, freue mich aber viel mehr über das überraschte Gesicht, wenn ich die Fleischwarenfachverkäuferin mit einem „Danke, Frau Schuster. Und Ihnen noch einen schönen Tag“ verabschiede. Oder, wenn die Kassiererin schon aus der Ferne zu lächeln beginnt, obwohl wenige Sekunden zuvor noch die Anspannung und der Stress in ihrem Gesicht standen – und dabei sehen wir uns vielleicht alle 3 Wochen nur für einen kurzen Moment.

Ich gehe keine tiefere Beziehung ein, treffe viele der Menschen meist nie wieder und investiere nicht viel Energie oder Zeit. Jedoch schenke ich einem Menschen, der für mich etwas leistet, ein Dankeschön, ein freundliches Wort, eine Portion Respekt und ein Lächeln. Davon profitieren beide Seiten und manchmal sogar der nachfolgende Kunde – denn gute Laune steckt an und kann den Verlauf des restlichen Tages beeinflussen.

Zwischendurch stifte ich Verwirrung und muss die Frage „Woher kennen Sie meinen Namen?“ beantworten („Der steht auf Ihrem Namensschild.“ Grins.) oder erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass das Namensschild falsch herum angebracht ist. Oder wenn der eindeutig männliche Mitarbeiter das Namensschild von „Anja“ trägt, erzeugt die Frage „Wofür steht die Abkürzung A N J A?“ meist einen kurzen peinlichen Moment, gefolgt von einem Lachen und einer lustigen Erklärung, wie es zum Vertauschen der Schilder kam.

Und stolpere ich über ein Namensschild mit einen mir unbekannten und im ersten Moment „unaussprechbaren“ Namen, beseitigt ein „Entschuldigen Sie bitte. Wie spricht man eigentlich Ihren Nachnamen richtig aus?“ das Dilemma.

Wie Du grüßest, so dankt man Dir.
aus „Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Deutschen“ von Friedrich Heinrich Wilhelm Kört

Anmerkung: Die Namen wurden geändert. Der Metzger hat sein Geschäft geschlossen, der Banker ist jetzt durch einen Automaten ersetzt, der Friseur umgezogen und die Pizzeria gehört nun Francesco.
Landflucht … Aber das ist ein anderes Thema.