Fragt doch … anstatt zu klauen!

„ergebnisoffen“ – die entschiedene Unentschiedenheit
18. Dezember 2014
Fragt doch … anstatt zu klauen!

Die Erstellung von Blogbeiträgen ist aufwändig, kostet Zeit und Geld – und macht viel Spaß. Es müssen Ideen entwickelt, Texte geschrieben, Fotos geschossen und Grafiken erstellt werden – und am Ende steht ein teilenswertes Ergebnis, das Leser inspirieren, unterhalten, zum Nachdenken oder manchmal gar zum Handeln animieren soll. Interesse an den Themen, Rückmeldungen in Form von (kritischen) Kommentaren, Weiterteilen auf Facebook & Co. und Diskussionen auf verschiedenen Kanälen freuen und motivieren einen Blogger wie mich.

Ärgerlich ist jedoch, wenn die mühsam erstellten Inhalte unter anderem Namen auf Social Media Plattformen oder Webseiten erscheinen, ohne dass vorher um Erlaubnis gefragt wurde.

So bedienen sich inzwischen einige Zeitgenossen nach Herzenslust und ungeniert an Texten und Bildern (m)eines Blogs – ohne einen Funken von Anstand und Respekt.

Wann wurde verlernt, vorher um Erlaubnis zu fragen oder um etwas zu bitten? Es scheint fast salonfähig geworden zu sein, sich kurzerhand selbst zu bedienen. Traurig!

Wie also soll man als Blogger auf einen derartigen Diebstahl von Inhalten reagieren?

Mein erster Versuch: Die Abmahnung eines anderen Bloggers, der sich gleich an zwei meiner Grafiken vergriffen hat. Prompt hatte ich folgende E-Mail im Postfach:

Guten Tag, Herr Seipold!

Haben Sie es wirklich nötig, wegen zweier Bilder einen Rechtsanwalt einzuschalten und mich (sozusagen) „abmahnen“ zu lassen? Ich finde das unglaublich.

Hätte da stattdessen nicht ein simpler Zweizeiler (per E-Mail direkt an mich) mit der Bitte oder Aufforderung, die besagten Bilder aus meinem Blog zu entfernen, voll und ganz ausgereicht? Ich denke schon.

Wir sind doch beide (auch) Blogger. Da sollten wir einander nicht in die Suppe spucken. Denken Sie darüber nach.

Mit freundlichen Grüßen,

XXXXX

P.S.: Falls Sie wider Erwarten nicht wissen sollten, worum es hier geht, so kontaktieren Sie mich bitte unverzüglich. Schließlich gibt es auch unter Anwälten immer wieder „schwarze Schafe“ – und ich habe als Empfänger von ALG II keine große Lust, die für mich nicht unerhebliche Summe von XXX,XX € für nichts und wieder nichts auf den Tisch zu legen…

Stopp! Muss ich mich ernsthaft rechtfertigen und – obwohl ich beklaut wurde – darum bitten, dass die von mir erstellten Inhalte entfernt werden? Meine Antwort per E-Mail:

Ein freundliches Hallo, geehrter Herr XXXXX,

und ein herzliches Dankeschön für Ihre Nachricht als Reaktion auf die von mir veranlasste Abmahnung sowie Ihren Blogbeitrag und die Links zu meiner Seite. Es freut mich, eine Erwähnung auf Ihrer Seite wert zu sein.

Sie haben – um bei Ihrem Bild zu bleiben – mir, ohne zu fragen, die Markklösschen sowie Rinderkraftbrühe aus meiner mühsam zubereiteten Suppe stibitzt und beschweren sich nun darüber, dass ich mir dies nicht gefallen lasse.

Sie haben recht! In der Tat hätte ein simpler Zweizeiler ausgereicht. Jedoch hätte dieser von Ihnen stammen müssen. Unter uns „Bloggern“ sollte es doch selbstverständlich sein, im Vorfeld um Erlaubnis zu fragen, bevor man fremde Grafiken auf der eigenen Seite einbindet. Oder?

Vielleicht denken Sie, lieber Herr XXXXX, bitte beim nächsten Mal darüber nach, nehmen sich bitte fünf Minuten Ihrer kostenbaren Zeit, schreiben bitte an den Seitenbetreiber einen simplen Zweizeiler und fragen bitte höflich, ob Sie eine Grafik in Ihrem Blog nutzen dürfen. Mit ein wenig Glück erhalten Sie dann sogar die schriftliche Erlaubnis und können in Folge Ihre Beiträge legal um schicke Grafiken ergänzen.

In jedem Fall hat mich der Kontakt mir Ihnen sehr gefreut – schliesslich durfte ich durch Sie etwas dazulernen. Wir leben (und lernen) vom Gespräch.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und verbleibe mit besten Grüßen

Gordon Seipold

Die Einsicht kam per E-Mail und die Angelegenheit war somit erfreulicherweise vom Tisch:

Sehr geschätzter Herr Seipold,

ich bedanke mich recht herzlich für Ihre freundliche Nachricht.

Beim Lesen konnte ich mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Denn Sie haben mit Ihrer Argumentation selbstverständig völlig Recht: der „simple Zweizeiler“ hätte vorab von MIR kommen müssen. Dagegen gibt es nichts zu sagen.

Mit den freundlichsten Grüßen auch an Sie,

XXXXX

 

Mein zweiter Versuch: Nachdem eine Abmahnung das Gegenüber offensichtlich zu provozieren schien und als unverhältnismäßig angesehen wurde, sollte dieses Mal ein freundliches Anschreiben und eine Rechnung für die Bildnutzung zu einem entspannten Ergebnis für beide Seiten führen. Denn – so die Überlegung – warum sollte man jemanden im Zuge einer Abmahnung die Grafiken entfernen und dafür Geld bezahlen lassen, wenn ihm die Grafiken gefallen, er diese nutzen möchte und für die Nutzung bezahlen könnte?

Mein Anschreiben:

Sehr geehrte Frau XXXXX,

vielleicht kennen Sie das vom Hörensagen: Es kann immer mal wieder vorkommen, in einem Laden versehentlich einen Schokoladenriegel einzustecken oder versehentlich zu vergessen, eine Fahrkarte für den Zug zu lösen. Aus Unachtsamkeit.

Ähnlich ist dies mit Fotos aus dem Internet. Hier greift man nach einer Grafik und veröffentlicht diese auf seiner Webseite oder auf Social Media Plattformen.

So erklärt sich vermutlich auch, wie es zur Veröffentlichung eines von mir erstellten Fotos auf Ihrer Facebook-Seite gekommen sein könnte. Versehentlich. Aus Unachtsamkeit.

Hausverbot, Anzeige wegen Ladendiebstahls oder Schwarzfahrens, Schadensersatzforderungen und dergleichen sind, da stimmen Sie, liebe Frau XXXXX, mir sicherlich zu, recht harte Konsequenzen für eine versehentliche Unachtsamkeit.

Sicherlich sind wir auch hier einer Meinung: Abmahnung, Unterlassungserklärung oder Nennung irgendwelcher Paragraphen des UrhG wären demnach zu harte Konsequenzen für eine versehentliche Unachtsamkeit. Daher würde ich Sie bitten, so freundlich zu sein und die diesem Schreiben beiliegende Rechnung für die Nutzung des Fotos zu berücksichtigen.

Sollten Sie künftig Fotos oder Grafiken von mir nutzen wollen, würde es mich freuen, von Ihnen vorab eine kurze Anfrage zu erhalten – per E-Mail an mail@gordonseipold.com oder telefonisch unter +49 XXX XXXXXXX. Denn: Wir leben vom Gespräch.

Mit den besten Grüßen

Gordon Seipold

Die Reaktion kam in Form eines Anrufes. Zu Beginn war Frau XXXXX einsichtig und entschuldigte sich für ihr Fehlverhalten und bat darum, auf die Rechnung zu verzichten und die Angelegenheit mit einer Packung Pralinen und einem Pflegeprodukt aus der Welt zu schaffen. Da ich bekanntermaßen ein Fan guter Schokolade bin, war ich kurz geneigt nachzugeben. Bis … ja bis mir von Frau XXXXX erklärt wurde, dass ich doch eigentlich hätte

  1. darüber hinwegsehen können,
  2. die finanzielle Lage ihrer Agentur berücksichtigen müssen und
  3. ein paar handschriftliche Zeilen – anstatt einen in 5 Minuten computergeschriebenem Brief – schreiben sollen.

Mir fehlen selbst jetzt noch die Worte. Muss ich ernsthaft die Situation des Gegenübers berücksichtigen und – obwohl ich beklaut wurde – dafür Verständnis aufbringen und nachsichtig sein?

Mich in einer solchen Situation mitverantwortlich für das eigene Fehlverhalten zu machen, ist respektlos. Niemand hat Euch dazu überredet oder gezwungen, auf fremden Webseiten Inhalte zu stehlen. Ihr habt Euch selbst dafür entschieden, die Grafik selbst heruntergeladen und in der Folge selbst veröffentlicht.

Fehler passieren und das probateste Mittel, um solche Situationen zu beschwichtigen, ist eine aufrichtige Entschuldigung! Damit ist kein „Es tut mir leid, aber Sie hätten …“ oder eine andersartig relativierende Aussage, sondern ein ehrliches „Es tut mir leid“ gemeint.

Und für das nächste Mal würde ich Euch bitten: Fragt doch … anstatt zu klauen! Die Chance, dass Euch Grafiken oder komplette Inhalte zur Verfügung gestellt werden, ist groß – und das kostenlos oder im Gegenzug für eine Namensnennung, einen Link oder Gastbeitrag in Eurem Blog. Eine simple Nachricht per E-Mail oder ein Anruf genügen. Probiert es aus: Mit Anstand und Respekt ans Ziel.